ALTERSFLECKEN AUF DER DNA VERMEIDEN: WAS DIE GENE JUNG HäLT

Man ist nur so alt, wie man sich fühlt. Tatsächlich kann das biologische Alter der Zellen von der Zahl der Kerzen auf dem Geburtstagskuchen abweichen. Und man kann sogar etwas dafür tun.

Der Erbonkel hatte kürzlich Schon-wieder-ein-Jahr-älter-Tag. Aber auch wenn die erschreckende Zahl der auszublasenden Kerzen mittlerweile lungenfunktionstestsähnelnde Ausmaße annimmt, ist man ja bekanntlich immer nur so alt, wie man sich fühlt. Das stimmt durchaus, jedenfalls, wenn man ins Erbgut schaut.

Seit gut zehn Jahren lässt sich das Alter von Zellen bis auf wenige Monate genau messen, indem man die, wenn man so will, „Altersflecken“ auf der DNA anschaut: die Methylgruppen. Der Biomathematiker Steve Horvath von der Universität von Kalifornien in Los Angeles hatte entdeckt, dass embryonale Zellen an bestimmten, 353 Stellen im Erbgut keine oder kaum Methylgruppen haben, während es mit zunehmendem Alter der Zellen immer mehr dieser molekularen Altersflecken gibt.

Es war die erste und bis heute präziseste Methode, um das Alter eines Menschen zu bestimmen – wohlgemerkt, das biologische Alter. Denn diese Uhr der Zellen kann durchaus anders ticken als die Kerzenuhr auf dem Geburtstagskuchen – im günstigen Fall lebensverlängernd langsamer, im ungünstigen schneller.

Und natürlich lässt sich das beeinflussen, etwa durch – Achtung Couchpotatoes – Sport oder weniger schweißtreibend ausgedrückt eine gesundheitsfördernde Lebensweise. So haben ältere Menschen mit einer guten „kardiorespiratorischen Fitness“, also kräftiger Herz- und Atemfunktion, eine „verzögerte biologische Alterung“, gemessen an der Methyl-Uhr der (Blut-)Zellen. Hingegen wirkt sich ein Übermaß an Hüftspeck, Rauchen oder Alkoholkonsum beschleunigend aus, so eine aktuelle Studie.

Aber Sport ist nicht jedermanns Sache und kann mit zunehmendem Alter, insbesondere bei überambitionierten Männern, auch eigene Risiken bergen. Wie wäre es mit Musik? Tatsächlich zeigen diverse Studien, dass musikalische Betätigung, ob das Spielen eines Instruments oder Singen, sich positiv auf die Gesundheit, insbesondere die geistige Fitness, auswirkt.

Ob das Musizieren auch die Horvathsche Methyl-Uhr verlangsamen kann, wurde offenbar noch nicht untersucht, wohl aber wurde ein Effekt auf bestimmte Gene festgestellt, die mit Beeinträchtigungen der Gedächtnisleistung und Demenzerkrankungen wie Alzheimer zu tun haben.

Bei einer Untersuchung von insgesamt 1269 erkrankten und gesunden älteren Personen zeigte sich, dass Musik die Aktivität vor allem jener Gene mehr als verdoppelt, deren Unterfunktion sonst zum Verlust von Nervenzellen im Gehirn beitragen. Musik habe eine „kompensatorische Wirkung“ auf Gene und biologische Prozesse, die bei altersbedingten Gedächtnisstörungen eine Rolle spielen.

In diesem Sinne verabschiedet sich der Erbonkel jetzt in ein musikalisches Wochenende – und ja, vielleicht auch mit ein wenig Joggen.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

2024-11-22T15:50:04Z