Erst Muskeln aufbauen und dann Fett reduzieren oder andersherum? Ein Personal Trainer verrät: Das ist die richtige Reihenfolge
Weniger Fett, mehr Muskeln: Wenn du deine Körperzusammensetzung ändern möchtest, gibt es dafür zwei primäre Stellschrauben. Erstens: deine Ernährung. Zweitens: dein Training. Die Frage ist nur: Was ist sinnvoller? Erst Muskeln aufbauen, erst abnehmen oder beides gleichzeitig? Wir haben einen Experten gefragt, welche Reihenfolge am effizientesten für die sogenannte Recomposition ist.
Eins vorweg: Fett lässt sich nicht in Muskelmasse verwandeln. Trotzdem kannst du deine Körperzusammensetzung ändern, sodass der Fettanteil verringert und die Muskelmasse erhöht wird. Grundsätzlich gilt: Um abzunehmen und Fett zu verlieren, ist ein Kaloriendefizit nötig. Du musst also, vereinfacht gesagt, mehr Kalorien verbrennen, als du zu dir nimmst.
Für einen Muskelaufbau braucht es genau das Gegenteil, nämlich einen Für einen Muskelaufbau braucht es genau das Gegenteil, nämlich einen Kalorienüberschuss. Nur, wenn du deinem Körper mehr Kalorien zuführst, als du verbrauchst und die entsprechenden Trainingsreize setzt, wird er Muskelmasse aufbauen. Das wiederum ist nützlich für den Fettabbau – denn je mehr Muskelmasse vorhanden ist, desto mehr Energie verbrennst du auch im Ruhemodus. Die Frage ist nur: Wie bekommt man das jetzt alles unter Hut? Wir haben uns Tipps von einem erfahrenen Fitnessexperten geholt.
Ob auf der Bühne oder auf dem Rasen: Mello liebt das Spiel. Als Sohn des ehemaligen Fußballprofis Werner Melzer, spielte er bereits im DFB-Pokalfinale der A-Jugend gegen Stuttgart, wurde später Musicaldarsteller und bildete sich parallel im Fitnessbereich weiter. Seitdem arbeitet er als Fitnessberater sowie Personal Trainer mit dem Fokus auf Hybrid-Coaching, Gewichtsreduktion, Muskelaufbau und Lauftraining. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Sascha Bohn, leitet er inzwischen sein eigenes Fitnessstudio SHRED69 in Hamburg.
Beide Ziele, Muskelauf- und Fettabbau, erfordern unterschiedliche Herangehensweisen und nur selten ist es sinnvoll, beide zur selben Zeit zu verfolgen. Aber: Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel. Der gleichzeitige Aufbau von Muskulatur und Abbau von Körperfett wird als Recomposition bezeichnet. Laut Mello (Timo Melzer), Personal Trainer und Inhaber des Studios SHRED69 in Hamburg, ist dieser Ansatz nur für bestimmte Gruppen sinnvoll:
"In den meisten Fällen ist es effektiver, den Fokus entweder auf Muskelaufbau (Bulking) oder auf Fettabbau (Cutting) zu legen, anstatt zu versuchen, beides gleichzeitig zu tun", so Mello.
Wenn du dich jetzt fragst, ob du erst Muskeln aufbauen oder erst abnehmen solltest, lass am besten einmal deinen Körperfettanteil messen.
Liegt dein Körperfettanteil zwischen 10 und 15 Prozent, ist dieser niedrig genug, um (wieder) gezielt mit Krafttraining neue Muskeln aufzubauen, die anschließend definiert werden. Hier gilt also: erst Bulking, dann Cutting.
Bei einem Körperfettanteil von 20 Prozent oder mehr, macht es durchaus Sinn, erst einmal mit dem Fettabbau zu starten und danach in den Muskelaufbau zu gehen. Das gilt auch, wenn du dich schon länger im gezielten Kalorienüberschuss (Massephase) befindest.
Zum einen wird es mit steigendem Gewicht und Körperfettanteil natürlich immer schwerer, die überschüssigen Pfunde wieder loszuwerden. Zum anderen kann diese Herangehensweise laut Mello "dabei helfen, eine bessere Insulinsensitivität und Hormonbalance zu erreichen, was den Muskelaufbau erleichtert."
Einen Muskelaufbau erreichst du mit der richtigen Kombination aus Ernährung, Krafttraining und Regeneration. Indem du beim Training Muskelreize setzt, entstehen in den Fasern kleinste Risse. Mit einer ausgewogenen Ernährung, einer hohen Proteinzufuhr und ausreichend Erholung zwischen den Einheiten unterstützt du deine Regeneration und dein Körper ist in der Lage, Muskelmasse zu bilden. Das heißt, vereinfacht gesagt: die kleinen Muskelrisse schließen sich und die Muskelfasern werden sogar dicker.
Unabhängig davon, ob du Sport machst oder nicht: Mit einer negativen Kalorienbilanz wirst du abnehmen. Die Menge der Kalorien, die du über deine Ernährung zu dir nimmst, muss also niedriger sein als die Energiemenge, die du verbrauchst. Bewegst du dich außerdem viel, kannst du den Prozess beschleunigen. Jedoch überschätzen die meisten Menschen, was sie beim Sport tatsächlich verbrennen. Hier lohnt sich, gerade am Anfang, das Tracking der Energiebilanz mithilfe von Ernährungs-Apps und einer Fitnesswatch.
Kardiotraining eignet sich super, um den Stoffwechsel anzukurbeln und ordentlich Kalorien zu verbrennen. Krafttraining ist allerdings ebenfalls nicht zu unterschätzen – spätestens dann, wenn dein Körperfettziel annähern erreicht ist und es an den Feinschliff geht. Grundsätzlich verbrennt mehr Muskelmasse aber auch mehr Fett, auch im Ruhezustand.
Laut Mello sollte dein Training hier "auf ein hohes Volumen und moderate Wiederholungsbereiche, also 6-12 Wiederholungen pro Satz" abzielen. Schließlich ist dein Ziel das Muskelwachstum. "Da mehr Energie zur Verfügung steht, können Trainingseinheiten intensiver und häufiger sein. Es kann auch mehr Zeit für Erholung und Regeneration eingeplant werden", so Mello weiter. Ein Pensum von 3 bis 5 Trainingseinheiten pro Woche solltest du einplanen. Die Big-5-Grundübungen Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Klimmzüge und Schulterdrücken sind in allen Phasen zentral, da sie mehrere Muskelgruppen beanspruchen und hohe Wachstumsreize setzen.
Beim anschließenden Cutting (Fettabbau-Phase) wird versucht, Kraft und Muskelmasse möglichst gut zu erhalten. Das klappt laut Mello gut "mit etwas niedrigeren Wiederholungszahlen (5-10 Wiederholungen) und schwereren Gewichten." Das Trainingsvolumen kann leicht reduziert werden, um Übertraining zu vermeiden, da weniger Energie verfügbar ist. Auch nicht zu unterschätzen: Alltagsaktivitäten, mit denen du deinen Kalorienverbrauch nebenbei erhöhen kannst. Dazu gehören Treppensteigen, Radfahren und Gehen.
"In dieser Phase wird im Kalorienüberschuss trainiert, typischerweise 10-12 Prozent über dem Erhaltungsniveau", so Mello. Das heißt: Eine Gewichtszunahme ist nicht nur normal, sondern auch gewünscht. Und: Dass hier neben Muskulatur auch etwas Fett dazukommen kann, lässt sich leider nicht vermeiden. Damit Letzteres aber nicht die Überhand gewinnt, solltest du dich möglichst gesund, nährstoff- und vor allem proteinreich ernähren.
Ein Kalorienüberschuss ist kein Freifahrtschein für Fast Food und Fett ist nicht gleich Fett. Das Beispiel dafür lieferte die sogenannte "Muffin-Studie" von 2014, bei der die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt wurden: Über einen Zeitraum von sieben Wochen bekam die eine Hälfte große Mengen an Muffins mit gesättigten Fettsäuren, wohingegen man der anderen Hälfte Muffins mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren gab. Beide Gruppen nahmen gleich viel zu – die Gruppe mit den "schlechten" (gesättigten) Fettsäuren allerdings vor allem Körperfett und die Gruppe mit den "guten" (mehrfach ungesättigten) Fettsäuren vor allem fettfreie Körpermasse.
Solltest du dein Kardio-Pensum erhöhen, wenn dein primäres Ziel das Abnehmen ist? Ja. Allerdings sollte auch das Krafttraining nicht zu kurz kommen, da du deinen Grundumsatz durch mehr Muskelmasse ebenfalls erhöhen kannst und solltest. Empfehlung von Coach Mello: "Dreimal wöchentlich Krafttraining, zwei- bis dreimal moderates Ausdauertraining, zusätzlich mindestens 8.000 Schritte am Tag und ein bis zwei trainingsfreie Tage." Auch, wenn HII( (High Intensity Intervall Training) als ultimativer Fettkiller gilt, könnte LISS (Low Intensity Steady State) die bessere Wahl sein, da deine Muskelmasse dabei besser geschützt wird.
Laut Mello sollte das Defizit in einer Abnehmphase etwa 500 bis maximal 750 Kalorien unter dem Erhaltungsniveau liegen. Von jetzt auf gleich in ein extremes Defizit zu gehen, ist allerdings nicht ratsam. Die meisten Menschen halten besser und länger durch, wenn sie die Kalorien nur moderat, dafür aber über einen längeren Zeitraum hinweg reduzieren. Und genau dieses Durchhalten ist beim Abnehmen eben das A und O.
Achte auch hier auf eine hohe Proteinzufuhr. Nicht nur, dass Eiweiß die Bausubstanz von Muskelmasse ist. Laut einer in "Advances in Nutrition" veröffentlichten Review tragen eine ausreichende Proteinzufuhr in Kombination mit erhöhtem Krafttraining während einer Diät zum Erhalt der Muskelmasse und -kraft bei. Ein weiterer Pluspunkt: Verglichen mit Fett, hat Eiweiß auch einen höheren Sättigungsfaktor bei gleichzeitig niedrigerem Kaloriengehalt.
Damit dir der Spagat zwischen Muskelaufbau und Fettabbau bestmöglich gelingt, haben wir Mello, der als Coach auf beide Bereiche spezialisiert ist, noch einmal um seine Top 5 Tipps gebeten. Hier sind sie:
Erst Muskelaufbau, dann Fettabbau: Das ist die beste Reihenfolge für die meisten Menschen. Beides gleichzeitig umzusetzen, ist in den wenigsten Fällen sinnvoll. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. In allen Fällen sind Krafttraining und Ernährung die entscheidenden Stellschrauben. Ohne einen Überblick über deine Kalorienbilanz und mindestens drei Krafttrainingseinheiten plus mehr Bewegung im Alltag gelingt keine Körpertransformation. Du weißt jetzt, was zu tun ist: Zieh es durch!
Rosqvist, Fredrik; Iggman, David; Kullberg, Joel; Cedernaes, Jonathan; Johansson, Hans-Erik; Larsson, Anders; Johansson, Lars; Ahlström, Håkan; Arner, Peter; Dahlman, Ingrid; Risérus, Ulf (2014): Overfeeding polyunsaturated and saturated fat causes distinct effects on liver and visceral accumulation in humans in "Diabetes Journal", https://diabetesjournals.org/diabetes/article/63/7/2356/34338/Overfeeding-Polyunsaturated-and-Saturated-Fat, zuletzt abgerufen am 21.08.2024.
Cava, Edda; Yeat, Nai Chien; Mittendorfer, Bettina (2017): Preserving Healthy Muscle during Weight Loss in "Advances in Nutrition", https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2161831322006810?via%3Dihub, zuletzt abgerufen am 21.08.2024.
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