DAS BLUTZUCKER-MESSEN TRENDET AUF SOCIAL MEDIA ALS DER NEUE GESUNDHEITS-HACK: BRAUCHEN WIR DAS WIRKLICH?

Das Blutzucker-Messen trendet auf Social Media: Aber brauchen wir das wirklich, um gesünder zu leben?

Kaum ist der Hype um das Cortisol-Level abgeflaut (Influencer:innen hatten wochenlang unzählige Tipps dazu geteilt, wie man das Hormon-Level niedrig hält, um besser zu schlafen), schon steht der nächste Gesundheits-Hack auf der Matte. Diesmal dreht sich alles um den Blutzucker. Aber ist das ganze Tracken von verschiedenen Körperfunktionen eigentlich noch im sinnvollen Rahmen? Und welche gesundheitlichen Vorteile kann das Tracken des Blutzuckerspiegels wirklich liefern?

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Blutzucker: Was ist das eigentlich?

Fangen wir bei den Basics an – was ist Blutzucker eigentlich und welche Rolle spielt er für unser Wohlbefinden? “Blutzucker ist die Glukose in deinem Blut”, sagt Dr. Florence Comite, Endokrinologin und Gründerin des Zentrums für Präzisionsmedizin und gesunde Langlebigkeit, “er ist die Hauptenergiequelle deines Geistes und Körpers und wird durch unsere Nahrung produziert, insbesondere aus Kohlenhydraten.”

Dieser Blutzucker ist enorm wichtig für unsere körperlichen und geistigen Funktionen, ergänzt Comite: “Glukose liefert die Energie für die ordnungsgemäße Funktion aller Organe und für die Gehirntätigkeit.”

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So wirkt sich der Blutzucker-Spiegel auf unsere Gesundheit aus

“Damit der Blutzucker diese wichtige Rolle auch übernehmen kann, sollte unser Level nicht zu tief und nicht zu hoch sein. Denn über längere Zeit anhaltende dramatische Hochs und Tiefs unseres Glukose-Levels im Blut können Diabetes, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Demenz, Nierenerkrankungen und andere Krankheiten begünstigen”, so Comite. Außerdem könne es zu einer Insulinresistenz kommen, bei der unsere Zellen nicht mehr optimal auf das zugeführte Insulin reagieren, eine Art Vorstufe zum Diabetes, und unser Körper kann bei einem unausgeglichenen Blutzuckerspiegel Infektionen schlechter abwehren.

Dr. Jacob Teitelbaum, Internist und Autor von “The Complete Guide to Beating Sugar Addiction”, vergleicht Glukose mit dem Benzin fürs Auto: “Blutzucker ist der Hauptbrennstoff, den unsere Zellöfen, die Mitochondrien, verbrennen können. Wenn jedoch deine Muskel-, Fett- und Leberzellen nicht mehr richtig auf Insulin reagieren, können sie die Glukose im Blut nicht mehr als Energie nutzen oder speichern. So als würde das Auto das Benzin zwar im Tank behalten, aber nicht fahren können. Dies führt dazu, dass deine Bauchspeicheldrüse überkompensiert und noch mehr Insulin produziert.”

“Aber neben einem möglichen Diabetes und Demenz gibt es auch andere, weniger offensichtliche Folgen eines unausgeglichenen Blutzuckerspiegels”, sagt Ernährungsberaterin Michelle Darian. So könne laut der Expertin ein instabiler Blutzuckerspiegel zu Schlafstörungen, schlechtem Schlaf, Schwindel, Benommenheit, verschwommenem Sehvermögen, übermäßiger Gewichtszunahme, Müdigkeit, Energielosigkeit und Stimmungsschwankungen führen. Denn der Blutzuckerspiegel wirkt sich auch auf unseren Hormon-Haushalt aus.

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Wie kommt es zu einem zu hohen oder zu niedrigen Blutzuckerspiegel?

Der Blutzuckerspiegel steigt und fällt im Laufe des Tages immer wieder, aber bestimmte Gewohnheiten und Lebensmittel können dazu führen, dass die Spitzen größer und häufiger sind als andere: “Normalerweise schwankt der Blutzuckerspiegel im Laufe des Tages, insbesondere nach den Mahlzeiten. Der Blutzuckerspiegel schwankt auch in Abhängigkeit davon, was und wann wir essen, wie viel Sport wir treiben, wie viel Stress wir haben, wie viel Schlaf wir haben usw. Das ist eine normale Reaktion”, sagt Dr. Comite. Wichtig sei jedoch der Richtwert des Nüchternblutzuckers, der durch viele Glukosespitzen und wiederholte niedrigere Glukosetäler im Laufe der Zeit verändert werden kann.

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Gesunder Blutzuckerspiegel: Worauf kann man achten?

Hier verraten wir, auf was du im Alltag achten kannst, damit dein Blutzuckerspiegel auf einem gesunden Nivea bleibt:

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Gesunder Blutzuckerspiegel: Ernährung

Ein Hauptfaktor für einen gesunden Blutzucker-Spiegel ist die Ernährung, so Comite. “Lebensmittel mit einem hohen Anteil an raffinierten Zuckern oder Einfachzuckern werden schnell in Glukose aufgespalten und in den Blutkreislauf aufgenommen”, fährt sie fort. Dies führt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels und in der Folge zu einem Anstieg des Insulinspiegels, was mit der Zeit zur Entwicklung einer Insulinresistenz beitragen kann.

Auch Kohlenhydrate wie Brot, Kekse, Kuchen, Reis und Nudeln erhöhen den Blutzuckerspiegel allgemein, obwohl Dr. Comite betont, dass dies von der jeweiligen Person abhängt: “Während bei der einen Person der Verzehr einer Banane oder einer anderen Frucht mit hohem Fruchtzuckergehalt einen Blutzuckerspitzenwert auslöst, steigt der Blutzuckerspiegel bei einer anderen Person nach dem Verzehr desselben Lebensmittels nicht an”, erklärt sie. Außerdem bestehe ein großer Unterschied zwischen Weißbrot und Vollkornbrot oder Weizennudeln und Linsennudeln. Um große Blutzucker-Boben zu vermeiden, muss man deshalb nicht das Rad neu erfinden.

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Gesunder Blutzuckerspiegel: Schlaf

Andere wichtige Lebensstilentscheidungen für einen gesunden Blutzuckerspiegel? Ausreichend Schlaf und Stresskontrolle: “Weitere Auslöser für einen Blutzuckeranstieg sind Schlafmangel und Stress, die das Hormon Cortisol erhöhen”, sagt Dr. Comite. “Ein erhöhter Cortisolspiegel führt mit der Zeit zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels.”

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Gesunder Blutzuckerspiegel: Bewegung

“Körperliche Aktivität oder deren Fehlen wirkt sich auf den Blutzuckerspiegel aus”, sagt sagt Daryl Gioffre, Ernährungsberater und Autor von “Weg vom Zucker”. Bewegung kann zu einer erhöhten Glukoseaufnahme durch die Muskeln führen, was den Blutzucker vorübergehend senkt. Auf der anderen Seite kann eine sitzende Lebensweise mit langem Sitzen zu höheren Blutzuckerwerten beitragen.

Dr. Comite empfiehlt auch Krafttraining: “Muskeln speichern Glukose in Form von Glykogen und halten den Blutzuckerspiegel stabil. Mehr Muskeln bedeuten eine bessere Zuckerkontrolle”, sagt sie und liefert damit einen weiteren guten Grund, die Proteinzufuhr zu erhöhen. Deshalb ist auch ein Spaziergang nach einer Mahlzeit sinnvoll für einen regulierten Blutzuckerspiegel.

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Diese Symptome weisen auf einen zu niedrigen oder zu hohen Blutzuckerspiegel hin

“Wenn du dich vor den Mahlzeiten zittrig, schweißgebadet oder gereizt fühlst (vor allem, wenn die Mahlzeiten aufgeschoben werden), könnte dein Körper dich darauf hinweisen, dass er hypoglykämisch ist, also einen niedrigen Blutzuckerspiegel hat”, so Gioffre. Du könntest auch Schwindelgefühl, Reizbarkeit, Hirnnebel oder Konzentrationsschwierigkeiten bemerken. Müdigkeit lässt sich fast nur durch Essen lindern, und deine Energie schwankt stark.

Ein erhöhter Blutzucker (Hyperglykämie) kann auch dazu führen, dass du sehr durstig bist und häufig auf die Toilette gehen musst, sagt Gioffre: “Du wirst vielleicht feststellen, dass du müder bist als sonst, verschwommen siehst und/oder dass Schnittwunden und Blutergüsse länger brauchen, um zu heilen”, sagt er.

Auch ein Unwohlsein nach dem Verzehr einer kohlenhydratreichen Mahlzeit wie Nudeln oder Reis ist ein guter Indikator: “Wenn man sich nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit (selbst nach einem einfachen Frühstück mit einer Banane und einem Kleie-Muffin) nervös, hungrig, schwach, matt oder müde fühlt, ist das eine verzögerte Reaktion, die indirekt auf den anfänglich erhöhten Zuckergehalt zurückzuführen ist”, erklärt sie. Diese Symptome werden durch den anschließenden schnellen Zuckerabfall ausgelöst, der auf die rasche Insulinausschüttung folgt, die nach dem Zuckerhoch nach einer reinen Kohlenhydratmahlzeit ihren Höhepunkt erreicht.

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Blutzucker-Messen als Gesundheits-Trend auf Social Media: Ist das gesund oder kann das weg?

Eines der wichtigsten Take-aways aus den Gesprächen mit den Expert:innen ist vielleicht: Ein schwankender Blutzuckerspiegel ist normal und nicht per se besorgniserregend. Wer jedoch die oben genannten Symptome bei sich feststellt, der:die sollte sich intensiver mit der Thematik auseinandersetzen, einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen und vielleicht sogar mit einem Blutzuckermessgerät mehrere Tage die eigenen Werte monitoren.

Wieso sind es dennoch offenbar völlig gesunde Frauen, die auf Instagram, TikTok und Co. selbst bezahlte Blutzuckermessgeräte daheim haben und ihren gesamten Ernährungsplan auf diese Werte ausrichten? Der Trend wurde unter anderem angestoßen durch Creator:innen wie Jessie Inchauspé, eine französische Biochemikerin, die regelmäßig ihren eigenen Blutzuckerspiegel misst und Diagramme und ausführliche Beschriftungen ihrer Ergebnisse auf Social Media veröffentlicht. Sie ist mit ihren leicht verständlichen, wissenschaftlich fundierten Lifestyle-Hacks, Tipps und Rezepten, die den Leser:innen helfen, Blutzuckerspitzen im Laufe des Tages zu vermeiden, viral gegangen.

Das Problem: Das Blutzucker-Messen ist nicht nur bei Personen angesagt, die medizinisch gesehen zu hohe Werte aufweisen und Symptome für ungesunde Blutzuckerwerte zeigen, sondern auch bei der ehemaligen Ozempic-Bubble, die einen niedrigen Blutzuckerwert vor allem aus Abnehm-Gründen verfolgt. Ein solches unbeaufsichtigtes und medizinisch nicht notwendiges Kontrollieren und Anpassen des Blutzuckerwerts kann – so wie minutiöses Überwachen der eigenen Körperfunktionen – jedoch auch zu zwanghaftem Verhalten oder gar Essstörungen führen. Außerdem kann es für die Mental Health nicht gut sein, am laufenden Band zu wissen, was gerade im eigenen Körper vor sich geht, und das auch noch, wenn man nicht die notwendige Expertise hat, die Zahlen verschiedener Überwachungsinstrumente auszulesen. Kurz: Der Trend zum Blutzucker-Messen mag gut sein, wenn es darum geht, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu richten, so wie Inchauspé es versucht. Er birgt jedoch auch die Gefahr, einen weiteren Bereich der Medizin zu einem toxischen Diät-Trend verkommen zu lassen.

Dieser Artikel wurde mit Textpassagen unserer GLAMOUR-Kolleg:innen aus den USA angefertigt.

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