BABYBOOMER-GENERATION: PFLEGEBEDüRFTIGKEIT WIRD ZUR FINANZIELLEN HERAUSFORDERUNG

Pflege im MK

Babyboomer-Generation: Pflegebedürftigkeit wird zur finanziellen Herausforderung

Millionen von Babyboomern treten in den Ruhestand ein, viele werden pflegebedürftig. Die finanzielle Belastung für Angehörige steigt, da die Pflegeversicherung nur teilweise die Kosten übernimmt. Experten diskutieren Lösungen.

Kierspe – Die Statistiker liefern der Pflegeversicherung verlässliche Daten, wie viele pflegebedürftige Menschen es in den nächsten Jahren geben wird. Zwölf Millionen „Babyboomer“, wie die Angehörigen der geburtenstarken Jahrgänge genannt werden, verabschieden sich deutschlandweit nach und nach in die Rente, viele von ihnen werden in höherem Alter pflegebedürftig sein.

Bei seinem Vortrag zu den Auswirkungen, wenn ein naher Angehöriger pflegebedürftig wird, konnte Jörg Freund neben Fachwissen auch persönliche Erfahrungen einbringen. Der Vertriebsleiter der Ideal Lebensversicherung war auf Einladung von Stephan Jatzkowski von der Provinzial Versicherung nach Kierspe gekommen. In den Räumen der Tagespflege von Rat und Tat erläuterte er die wichtigsten rechtlichen und finanziellen Auswirkungen, die auf die Angehörigen zukommen. Der familiäre Zusammenhalt ist nach wie vor groß, wenn Eltern und Großeltern hilfsbedürftig werden. Das Problem dabei: Die Menschen werden immer älter, die Kinder und Enkel fehlen. Was früher einmal als Generationenvertrag bezeichnet wurde, funktioniert zunehmend weniger. Aber bei den Männern sind es die Hälfte, bei den Frauen sogar drei von vier, die irgendwann ihr Leben nicht mehr selbst gestalten können, erläuterte der Fachmann. Im Durchschnitt dauere die Pflegebedürftigkeit sieben Jahre. Wer kann das leisten? Wer kann das bezahlen?

Die finanzielle Seite übernimmt die Pflegeversicherung, allerdings nur teilweise. Betrug der Eigenanteil bei stationärer Unterbringung im Jahr 1990 rund 360 Euro, liege er heute durchschnittlich bei 2610 Euro im Monat, erläuterte Jörg Freund. Die Unterschiede sind dabei groß, allein in Kierspe betrage der Eigenanteil, je nach Einrichtung, zwischen 2200 und 2800 Euro. So viel Rente haben nur wenige und deshalb bedeutet der Umzug ins Pflegeheim für die meisten Menschen auch den Griff auf die Ersparnisse: Sparkonto, Eigenheim, Auto – alles muss eingesetzt werden, um die Pflege zu bezahlen. Ist das eigene Vermögen „verwertet“, wie es im Jargon des Sozialamts heißt, wird der Ehepartner zur Kasse gebeten und – als letzte Instanz die Kinder.

Große Bedeutung hat der jeweilige Pflegegrad, den der Medizinische Dienst festlegt, das bestätigte auch Laura Stoduto. Die Pflegedienstleiterin von Rat und Tat stellte die Tagespflege ihrer Einrichtung vor. Auch die wird aus der Pflegeversicherung bezahlt, wer Pflegegrad 2 hat, kann an ein bis zwei Tagen pro Woche kommen. Aktuell ist die Einrichtung auf 13 Gäste ausgelegt. Alle Plätze sind ausgebucht, bei Rat und Tat wird eine Warteliste geführt. Personalmangel habe man auch nicht, erklärte Stoduto auf Nachfrage. Davon können viele Pflegeheime nur träumen, fügte Referent Freund hinzu. Die Informationsveranstaltung war gut besucht, darunter auch von etlichen jüngeren Zuhörern, für die das Thema Pflege zur Zeit noch nicht aktuell ist. Das kann sich bekanntlich ändern.  

Von Britta Negel-Täuber

2024-07-22T16:17:28Z dg43tfdfdgfd