Wusstest du, dass eine aufrechte Körperhaltung nicht nur gut aussieht und gesund ist, sondern auch dein Selbstbewusstsein beeinflusst? Wir haben 9 Tipps und Pläne für eine gesunde Haltung
Stopp! Halte einen Moment still und achte auf deine aktuelle Position - genau jetzt, während du diesen Text auf deinem Handy oder Computer liest. Verweile kurz in dieser Position.
Und jetzt spüre nach, wie du deinen Körper hältst: Ist dein Rücken gebeugt, die Schultern nach vorn gezogen und der Kopf nach vorn geschoben? Ha, erwischt! Das ist die typische Haltung beim Benutzen von Bildschirmen. Studien zufolge führt diese nicht nur zu schmerzhaften Verspannungen, Stichwort: "Handy-Nacken", sondern hat auch weitere Auswirkungen auf deinen Körper und Geist.
Es ist jedoch nicht schwer, die eigene Körperhaltung zu verbessern. Ein trainierter Rücken kann dabei sehr hilfreich sein. Hierfür empfiehlt sich ein professioneller Trainingsplan wie dieser:
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Eine schlechte Körperhaltung ist inzwischen zur Volkskrankheit geworden, vor allem wegen der vielen Büro-Jobs. "Sitzen, zum Beispiel am Schreibtisch, ist sehr belastend für den Rücken", sagt Olaf Stecker von der Praxis für Physiotherapie in Hamburg. Das kommt in erster Linie davon, dass wir dabei zu lange in der gleichen Position bleiben, etwa weil wir ständig auf Bildschirme starren.
Diese einseitige Belastung führt dazu, dass bestimmte Muskeln verhärten oder sich verkürzen und du dir langfristig eine Fehlhaltung antrainierst. Das Gleiche beobachtet Stecker auch bei Leuten, die viel auf ihr Smartphone schauen. Der sogenannte Handynacken kommt immer häufiger vor, gerade bei der jüngeren Generation.
Aber nicht nur der Beruf kann zu Beschwerden im Rücken führen, auch Familie und Freizeit. "Viele unserer Patientinnen sind junge Mütter, die ihr Kind stillen oder viel tragen", sagt Stecker. Auch dabei ist die Belastung dauerhaft zu einseitig, vor allem, wenn das Kind mehr auf der einen Seite gehalten wird als auf der anderen.
Auch Sport kann Rückenprobleme auslösen! "Immer öfter kommen auch Sportlerinnen zu uns. Das liegt meist daran, dass sie zu viel trainieren und damit ihre Gelenke schädigen", warnt Stecker.
Besonders groß ist die Gefahr beim Training mit freien Gewichten, weil Ehrgeizige da schnell über die eigene Grenze hinausgehen – oder weil Einsteigerinnen die Übung falsch ausführen. Dadurch verschleißen die Gelenke, und die Muskeln ermüden. Sie können den Rücken dann nicht mehr stabilisieren. Tipps zur Hilfe: Das hilft gegen Nackenschmerzen.
"Ein runder Rücken oder ein Hohlkreuz belasten die Wirbelsäule zu einseitig", erklärt die Physiotherapeutin Birthe Friedrichsen-Döbber vom Therapiezentrum elphoehe in Hamburg. Dadurch leiden vor allem die Bandscheiben: Statt in ihrer natürlichen Position die einzelnen Wirbel abzufedern, werden sie durch die Fehlhaltung dauerhaft nach vorn oder hinten gedrückt.
"Bei zu starken oder langen falschen Belastungen kann es sogar zu einem Bandscheibenvorfall kommen, bei dem die Bänder das Gel der Bandscheiben zwischen den Wirbeln nicht mehr halten können und es herausrutscht", erklärt die Physiotherapeutin. Das ist sehr schmerzhaft und muss mit Krankengymnastik oder sogar einer Operation behandelt werden.
Auch die Muskeln leiden unter der einseitigen Belastung. "Typisch für eine schlechte Haltung sind verkürzte Brust- und Bauchmuskeln, verhärtete Nackenmuskeln und schwache Rückenmuskeln", beschreibt Friedrichsen-Döbber. Dadurch fällst du in einen Rundrücken, bei dem die Schultern nach vorn fallen und der Kopf in Richtung Nacken abknickt. Das kann auch zu dauerhaften Verformungen wie einem Buckel oder einem Geierhals führen.
Aber auch die unmittelbaren Folgen sind unschön: Die verhärteten Muskeln führen zum Beispiel zu den typischen Schmerzen in Nacken und Kopf nach einem langen Arbeitstag. Außerdem können sie auf die umliegenden Nerven drücken. Das äußert sich in einem Kribbeln oder Taubheitsgefühl bis hin zu drückenden Schmerzen, vor allem in den Armen, Fingern oder Beinen.
Hast du schon einmal auf dem Boden sitzend gegessen und danach Bauchschmerzen gehabt? Das kommt daher, dass du dich dabei nach vorne beugen musstest, was die Verdauungsorgane zusammendrückt. Den gleichen Effekt hat ein runder Rücken: Speiseröhre, Magen und Darm werden gestaucht und können nicht richtig arbeiten. "Eine schlechte Haltung hat eine schleichende, aber nicht zu unterschätzende Wirkung auf die inneren Organe", erklärt Olaf Stecker. Deine Verdauung wird langsamer und du kannst dadurch Bauchkrämpfe, Magendruck oder Verstopfungen bekommen. Übrigens: Das ist das beste Rückentraining für Frauen.
,Auch deine Atmung wird beeinflusst. "Dann kann sich die Lunge durch die gekrümmte Haltung schlechter entfalten, da der Brustkorb in dieser Position weniger beweglich ist. Die Atmung wird flacher", erklärt Friedrichsen-Döbber. Das führt dazu, dass im Blut weniger Sauerstoff ist, was dich müde und unkonzentriert macht. Wenn du dagegen langsam und tief atmen kannst, versorgt dich dein Gehirn mit ausreichend Sauerstoff. Zusätzlich gibst du deinem Körper durch tiefe Atemzüge das Signal, dass er sich entspannen kann.
"Wir können Patient:innen meist schon an der Haltung ansehen, ob es ihnen gut geht oder nicht", sagt Friedrichsen-Döbber. Aber auch ungeschulte Augen können von deiner Haltung Rückschlüsse auf deine Person schließen. "Besonders in beruflichen Prüfungssituationen wie Vorstellungsgesprächen hat das einen starken Einfluss", so die Physiotherapeutin.
In solchen Momenten der Selbstrepräsentation solltest du dich deshalb möglichst aufrecht, offen und entspannt halten. So wirkst du kompetenter und sympathischer. Im Gegenzug kann eine eingefallene Haltung lustlos, schüchtern oder distanziert wirken.
Bedenke immer: So wie du wahrgenommen wirst, wirst du auch behandelt, im Beruf und im Privatleben. Also egal, ob du deinen Traumjob bekommen oder neue Leute kennenlernen willst, mit einer gesunden Haltung steigen deine Chancen beträchtlich! Ein nebensächlicher, aber auch nicht zu verachtender Pluspunkt: Eine gute Haltung ist sexy! Deine Oberweite und dein Po werden betont, dein Bauch wirkt flacher und du viel selbstbewusster.
Mit einer gesunden Körperhaltung wirkst du aber nicht nur auf andere Leute sympathischer. Auch du selbst fühlst dich zufriedener und selbstbewusster, wenn du mehr Körperspannung hast. Verschiedene Studien belegen, dass die Körperhaltung unser Gedächtnis und unsere Wahrnehmung beeinflussen kann. Studien zeigen auch, dass die Körperhaltung die Resilienz gegen Stress beeinflusst.
So fand der Psychologe Johannes Michalak in einem Experiment heraus, dass Menschen mit einer aufrechten Körperhaltung sich selbst und ihre Umwelt positiver wahrnehmen und sich eher an angenehme Dinge erinnern als an unangenehme. Eine Studie aus Ohio und Madrid zeigte, dass eine selbstbewusste Körperhaltung auch das Selbstvertrauen von Menschen stärken kann.
Das bedeutet, du bekommst eine positivere Lebenseinstellung mit einer gesunden Haltung. Wenn du also einen schlechten Tag hast oder unzufrieden mit dir selbst bist: Kopf hoch, im wahrsten Sinne des Wortes! So lässt du dich vom Alltagsstress nicht so leicht unterkriegen.
Du weißt nicht, ob du eine gesunde oder ungesunde Körperhaltung hast? "Um das zu beurteilen, braucht es letztlich einen Blick von außen", sagt Stecker. Das kannst du aber auch improvisieren.
Schnapp dir eine:n Freund:in und lass sie/ihn Fotos von dir machen, von vorn, von hinten und von der Seite, im Sitzen und im Stehen. Am besten machst du das auch an deinem Arbeitsplatz im Sitzen. Trag dabei enge oder kurze Kleidung, damit deine Haltung gut zu erkennen ist. Steh dabei nicht verkrampft, sondern so wie immer. Und jetzt analysiert ihr gemeinsam und achtet dabei auf folgende Bereiche:
Idealerweise ist dein Rücken von hinten symmetrisch, die Hüfte gerade, die Wirbelsäule beschreibt ein leichtes (!) S, der obere Rücken bildet mit Nacken und Kopf eine gerade Linie und die Schultern sind nach hinten geschoben und tief.
"Es gibt nicht das eine Muster, das für alle Menschen gilt", sagt Stecker. Prüfe deshalb vor dem Spiegel, wie welche Veränderung aussieht und wie sie sich anfühlt. Richte dich nach eigenem Gefühl auf, ohne dich zu verkrampfen. Mache das immer wieder am Tag, und kontrolliere dich regelmäßig dabei.
Im Sitzen achte darauf, dass Stuhl und Tisch so hoch und weit zueinander stehen, dass dein Rücken gerade ist und deine Arme und Beine entspannt einen 90-Grad Winkel bilden. Gerade beim langen Sitzen solltest du zudem darauf achten, regelmäßig die Position zu ändern.
Du willst einen schnellen Stimmungs-Boost? Dann probier die Wonder-Woman-Pose: Mach den Rücken gerade, stell deine Füße schulterbreit nebeneinander und recken den Kopf nach oben. Die Hände stemmst du in die Hüften, tief einatmen und lächeln. Diese Position baut Stress ab und hebt Stimmung und Selbstvertrauen. 5 Tipps für mehr Selbstvertrauen.
"Das Wichtigste sind die alltäglichen Kleinigkeiten", erklärt Stecker. Er und Physiotherapeutin Friedrichsen-Döbber empfehlen folgende Übungen, die du mehrmals am Tag machen solltest:
Mit diesen Übungen kannst du ohne viel Aufwand den meisten Rückenproblemen vorbeugen und Körper und Geist stärken. Ein wichtiger Punkt noch zum Schluss: Jetzt, da du all das auf dem Monitor oder Display gelesen hast, solltest du dir auch mal bildschirmfrei gönnen. Das tut dem Nacken gut!
Um eine gesunde Körperhaltung zu entwickeln, brauchst du ein gewisses Maß an Disziplin, doch die Vorteile sind es wert! Mit einer aufrechten Haltung stärkst du nicht nur dein Selbstbewusstsein, sondern unterstützt auch die einwandfreie Funktionalität deines Körpers – und es sieht auch noch attraktiv aus!
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Erwähnte Quellen:
Hansraj KK. Assessment of stresses in the cervical spine caused by posture and position of the head. Surg Technol Int. 2014 Nov;25:277-9. PMID: 25393825.
Erik Peper, PhD, BCB; I-Mei Lin, PhD, BCB; Richard Harvey, PhD; Jacob Perez Biofeedback (2017) 45 (2): 36–41. https://doi.org/10.5298/1081-5937-45.2.01
Nair, S., Sagar, M., Sollers, J. III, Consedine, N., & Broadbent, E. (2015). Do slumped and upright postures affect stress responses? A randomized trial. Health Psychology, 34(6), 632–641. https://doi.org/10.1037/hea0000146
Johannes Michalak, Judith Mischnat, Tobias Teismann. Sitting Posture Makes a Difference—Embodiment Effects on Depressive Memory Bias. 27 February 2014. https://doi.org/10.1002/cpp.1890
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