MEDIZIN: SIND ÄRZTINNEN BESSER ALS ÄRZTE? GROßE STUDIE GIBT ANTWORTEN

Patientinnen haben eine geringere Wahrscheinlichkeit zu sterben, wenn sie von Ärztinnen behandelt werden. Woran liegt das?

Ältere Frauen, die im Krankenhaus von einer Ärztin und nicht von einem Arzt behandelt werden, haben eine geringere Sterblichkeitsrate. Zu diesem Schluss kommt eine Studie japanischer und US-amerikanischer Forscher, die jetzt im Fachblatt »Annals of Internal Medicine« veröffentlicht wurde.

Die Studie nutzte Daten von mehr als 770.000 Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren, die zwischen 2016 und 2019 ins Krankenhaus kamen. Von diesen wurden jeweils rund 30 Prozent von Ärztinnen behandelt.

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Für Frauen lag die Sterblichkeitsrate innerhalb von 30 Tagen nach der Behandlung nur bei 8,15 Prozent, wenn sie von einer Ärztin behandelt wurden – gegenüber 8,38 Prozent, wenn die Behandlung durch einen Mann erfolgte. Dieser Unterschied sei zwar klein, aber »klinisch bedeutsam«, so die Studienautoren.

Der Unterschied im Überleben zeigte sich besonders bei Nervensystemerkrankungen wie einer Demenz. Zudem mussten Frauen bei Erkrankungen der Nieren und Harnwege seltener ein weiteres Mal in die Klinik, wenn Ärztinnen sie behandelt hatten. Auch Männer profitierten von der Behandlung durch eine Ärztin, allerdings in einem deutlich geringerem Ausmaß.

Das Forschungsteam spekuliert, dass männliche Ärzte den Schweregrad der Erkrankung bei Frauen möglicherweise unterschätzen, was zu Verzögerungen in der Behandlung führen könnte. Zudem könnte es sein, dass Ärztinnen effektiver kommunizierten und sich stärker auf ihre Patientinnen und Patienten fokussierten. Und schließlich würden Frauen möglicherweise bei schambehafteten Themen offener mit Ärztinnen sprechen.

Ärztinnen halten sich mit höherer Wahrscheinlichkeit an die medizinischen Behandlungsleitlinien

Für diese drei Vermutungen finden sich laut Ute Seeland, Professorin für Geschlechtersensible Medizin und Prävention an der Universität Magdeburg, in der Literatur durchaus Hinweise. Warum Frauen von der Behandlung durch Ärztinnen konkret profitierten, könne durch das Studiendesign der aktuellen Studie allerdings nicht beantwortet werden. Noch dazu könne die Studie nicht klären, ob vielleicht auch andere Faktoren eine Rolle spielten.

Allerdings ist bekannt, dass Ärztinnen sich mit höherer Wahrscheinlichkeit an die wissenschaftlich basierten medizinischen Behandlungsleitlinien halten als Ärzte. Und auch andere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Ärztinnen oft besser arbeiten als ihre männlichen Kollegen – zumindest ein wenig: Eine 2022 in der Fachzeitschrift JAMA Surgery erschienene Untersuchung an mehr als 1,3 Millionen Patientinnen und Patienten beispielsweise ergab, dass Patientinnen, die von Männern operiert wurden, ein höheres Risiko für Komplikationen und Tod hatten, als Patientinnen, die von Frauen operiert wurden. Ebenso zeigte eine Studie 2017, dass die Sterblichkeit von Patienten, egal ob männlich oder weiblich, wenn sie von Frauen behandelt wurden, mit 11,07 Prozent niedriger lag, als wenn Männer für ihre Therapie zuständig waren – in diesem Fall starben 11,49 Prozent.

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