OZEMPIC UND CO.: ABNEHMSPRITZEN BRINGEN SCHöNHEITSCHIRURGEN NEUE KUNDEN

Diätspritzen wie Wegovy und Mounjaro sorgen für einen schnellen Gewichtsverlust. Die Folge: hängende Haut. Das Problem beheben plastische Chirurgen – und profitieren so vom Abnehm-Hype.

Fett weg, Bauch weg: Die hohe Nachfrage nach Abnehmspritzen verändert die Arbeit der Schönheitschirurgen. Immer mehr Patientinnen und Patienten fragen nun Straffungsoperationen bei ihnen nach, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC).

In einer Umfrage der DGÄPC gaben mehr als 30 Prozent der Mitglieder an, dass sich vermehrt Patienten nach erfolgreichem Gewichtsverlust durch eine Abnehmspritze einer sogenannten „liftingchirurgischen Operation“ unterziehen. Dabei ging es meistens um eine Bauchdeckenstraffung, gefolgt von Brust-, Oberarm- und Innenbeinstraffung.

„Die Abnehmspritzen erfahren immer mehr Zuspruch, da es Menschen zu Gewichtsverlust mit schnellen Erfolgen verhilft und keine starke Willenskraft erfordert, die zum Beispiel bei einer strengen Diät erforderlich wäre“, sagt Helge Jens, der als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie arbeitet und Präsident der DGÄPC ist.

Abnehmspritzen: Wirkstoffe verlängern das Sättigungsgefühl

Denn die Wirkstoffe in den Abnehmspritzen Wegovy des dänischen Unternehmens Novo Nordisk und Mounjaro des US-Konzerns Eli Lilly hemmen ein Darmhormon. Sie verlängern das Sättigungsgefühl und stoppen den Hunger. So können Menschen bis zu 20 Prozent ihres Körpergewichts verlieren.

Der starke Gewichtsverlust wiederum führt dazu, dass sich gerade bei Menschen mit schwachem Bindegewebe überschüssiges Gewebe nicht von allein wieder zurückbildet. „Das ist vor allem am Bauch der Fall und erklärt, warum die Nachfrage hier am stärksten ist“, sagt Mediziner Jens.

Aber auch andere Körperregionen wie die weibliche Brust, die Oberarme oder die Innenschenkel seien betroffen. „Zudem verliert auch das Gesicht an Volumen und sieht dadurch teilweise stark gealtert aus“, sagt Jens. In Amerika, wo der Hype um die Abnehmspritzen vor zwei Jahren mit dem Diabetesmittel Ozempic des Herstellers Novo Nordisk begann, spricht man längst von „Ozempic-Faces“: eingefallene, schlaffe Gesichtszüge und Falten.

Aktuell ist die Oberlidstraffung die beliebteste Behandlung bei Patienten zwischen 18 und 80 Jahren, die den Ästhetisch-Plastischen Chirurgen aufsuchen. Knapp 15 Prozent der Eingriffe entfallen auf diese Kategorie, gefolgt von der Botox-Behandlung und der Faltenunterspritzung, zeigt die Verbandsstatistik. Die Bauchdeckenstraffung liegt derzeit nur auf Platz neun der gefragtesten Eingriffe, mit weniger als sechs Prozent Anteil.

Das könnte sich bald ändern, dann laut Umfrage der DGÄPC rechnet die Mehrheit der Mitglieder (knapp 60 Prozent) damit, dass die Nachfrage nach hautstraffenden Operationen über die kommenden Jahre weiter steigen wird, weil auch die Abnehmmedikamente immer mehr Zustimmung finden werden.

Novo Nordisk und Eli Lilly dominieren den Markt

Zurzeit dominieren Novo Nordisk und Eli Lilly den Markt für diese sogenannten GLP1-Analoga, benannt nach dem Darmhormon, das sie hemmen. Laut einer Prognose der Unternehmensberatung Roland Berger dürfe allein der Umsatz der GLP1-Medikamente dieser beiden Unternehmen von 49 Milliarden Dollar in diesem Jahr auf 93 Milliarden Dollar im Jahr 2030 steigen.

Hinzu kommen zahlreiche andere Wettbewerber wie Roche, Boehringer Ingelheim und Pfizer, die ebenfalls eigene Medikamente gegen Fettleibigkeit (Adipositas) in der Entwicklung haben.

Gerade bei stark übergewichtigen Menschen geht ein hoher Gewichtsverlust sehr häufig mit zurückbleibendem, erschlafftem Gewebe und überschüssiger Haut einher – entfernt werden kann das dann nur noch operativ.

Aber auch die Tatsache, dass man nach einem Gewichtsverlust allgemein ein neues Lebensgefühl entwickele, treibe die Nachfrage nach Korrektur-Operationen, beschreibt Facharzt Jens den Trend. Häufig werde dann auch eine Fettabsaugung (Liposuktion) nachgefragt, um übrig gebliebene Problemzonen dauerhaft zu entfernen.

Abnehmspritzen gelten als „Lifestyle-Medikamente“

Abnehmspritzen haben nach Ansicht des Mediziners ein großes Potenzial – „wenn sie richtig angewendet werden und bei den Patienten, die sie nutzen, auch ein dauerhaftes Umstellen des Lebensstils erfolgt“. Sonst drohe wie im Prinzip bei allen Diäten ein Jo-Jo-Effekt – denn wird die Spritze abgesetzt, normalisieren sich auch Hunger- und Sättigungsgefühl wieder.

Als offiziell zugelassene sogenannte „Lifestyle-Medikamente“ dürfen Wegovy und Mounjaro zur Gewichtsreduktion verschrieben werden, sind aber nicht erstattungsfähig durch die Krankenkassen. Das bedeutet, Patienten müssen für die rund 300 Euro Kosten monatlich selbst aufkommen.

Erstpublikation: 11.09.2024, 08:30 Uhr.

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