MEDIZINISCHE INNOVATION: NEUE TESTS ERMöGLICHEN DIE ERKENNUNG VON KREBS LANGE BEVOR SYMPTOME AUFTRETEN

Je später Krebserkrankungen gefunden werden, desto schlechter lassen sie sich therapieren. Britische Wissenschaftler wollen nun Speiseröhren- oder Blutkrebs entdecken, lange bevor er akut wird.

Fast eine halbe Million Menschen erkranken allein in Deutschland jedes Jahr neu an Krebs. Die Überlebensaussichten verbessern sich deutlich, wenn die Krankheit frühzeitig entdeckt wird. Ärzte empfehlen deshalb regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Allerdings werden mit den herkömmlichen Methoden nicht alle Tumore rechtzeitig erkannt oder sind bereits fortgeschritten. Wissenschaftler versuchen deshalb seit Jahren die Früherkennung zu verbessern.

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An der Universität Cambridge arbeitet ein vor zwei Jahren gegründetes Institut mit Hochdruck an neuartigen Tests. Damit soll Krebs schon Jahre vor den Symptomen erkannt werden. Die Forschenden am Early Cancer Institute versuchen Veränderungen in Zellen teils zehn bis zwanzig Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit zu lokalisieren. Wie getestet wird, unterscheidet sich je nach Krebsart.

Anfang März stellte das Institut etwa eine Früherkennung für Speiseröhrenkrebs vor. Dabei schlucken Patienten eine kleine kapselförmige Pille, die einen winzigen Schwamm enthält. Nachdem die Kapsel sich aufgelöst hat, breitet sich dieser im Magen aus. Beim Hochziehen entlang der Speiseröhre, sammelt der Schwamm dann Zellen ein, die später untersucht werden. Enthalten die Proben ein bestimmtes Protein, ist das ein Hinweis auf ein erhöhtes Speiseröhrenkrebsrisiko, schreiben die Forscher.

»Das ist ein großer Schritt vorwärts, um diesen einfachen Test auch außerhalb klinischer Studien routinemäßig verfügbar zu machen«, glaubt Rebecca Fitzgerald, Direktorin des Early Cancer Institute an der Universität Cambridge. Eine rechtzeitige Diagnose sei entscheidend für den Verlauf der Krankheit. Der Test könnte relativ schnell von einem Arzt durchgeführt werden, die meisten Patienten hätten angegeben, die Untersuchung sei schmerzfrei.

Zudem forscht das Institut an genetischen Veränderungen im Blut, um bestimmte Krebsarten wie Leukämie im Frühstadium zu erkennen. Dafür arbeiten die Wissenschaftler mit 200.000 Blutproben von Frauen aus Routineuntersuchungen der vergangenen Jahrzehnte. Durch die historischen Proben konnten die Forscher bestimmte Erkrankungen in einigen Proben rückwirkend nachvollziehen. Bei einigen hatten sie bereits zehn bis 20 Jahre vor der Blutkrebserkrankung genetische Veränderungen beobachtet.

Günstige Krebstests: viele Versprechen, wenige marktreife Produkte

Laut den Forschern entwickeln sich Krebserkrankungen stufenweise. In einem frühen Stadium sei es noch möglich das Wachstum der kranken Zellen zu blockieren. Je weiter ein Tumor oder ein Geschwür fortgeschritten sei, desto schwieriger und teurer sei seine Behandlung. Das Institut, das zum Großteil spendenfinanziert ist, will sich vor allem auf Krebsarten konzentrieren, die schwer zu behandeln sind, darunter Lungen-, Bauchspeicheldrüsen-, Speiseröhren- und Leberkrebs sowie Leukämie.

Weltweit forschen Wissenschaftler an solchen Früherkennungstests. Viele davon sind aber noch nicht reif für die Anwendung. So berichtete ein internationales Forscherteam bereits Ende 2022 im Fachblatt »Proceedings« der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (»PNAS«) über eine Methode zur Früherkennung von 14 verschiedenen Krebsarten. Dabei warben die Forschenden ebenfalls mit einem einfachen und kostengünstigen Test. Dieser soll etwa Blasenkrebs, Brustkrebs und Prostatakrebs anhand von bestimmten Zuckerverbindungen, deren Struktur in Krebszellen anders ist als in gesunden Zellen, erkennen. Der Test soll angeblich nur 50 Dollar kosten.

Damals warnten Fachleute, dass dieser Test noch weit entfernt von einer regelhaften Anwendung sei. Bevor solche Krebstests überhaupt auf den Markt kommen, muss eine umfangreiche Validierung in klinischen Studien mit viel mehr Teilnehmenden stattfinden. Denn selbst eine kleine Zahl von falsch positiv getesteten Patienten sei hochgerechnet auf Millionen Anwender eine zu hohe Fehlerquote.

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